Hospitation unseres Torwartrainers Yacine bei ASO Chlef

Ein Bericht über eine besondere Erfahrung

Vom 21.10 bis zum 25.10 hatte unser Torwarttrainer Yacine Krouri die einmalige Möglichkeit, an einer Hospitation beim Torwarttraining des algerischen Fußballvereins ASO Chlef teilzunehmen. ASO Chlef spielt sehr erfolgreich in der zweiten algerischen Liga, wo sie momentan auf dem ersten Platz stehen. Der Verein ist ein Traditionsverein – die Fans nennen ihre Spieler „Die Löwen von Chlef“. Der wohl bekannteste Spieler, der in Chlef groß geworden ist und ausgebildet wurde, ist Hillel Soudani. Der Angreifer, der mit Dinamo Zagreb kroatischer Meister geworden ist und momentan bei Nottingham Forest unter Vertrag steht, stand bei der WM 2014 für Algerien auf dem Platz und hat auch im Achtelfinale gegen Deutschland gespielt. Das Spiel konnte die DFB-Elf damals knapp mit 2:1 nach Verlängerung für sich entscheiden. Soudani trägt immer die Trikotnummer 2, da dies die Autokennzeichennummer für Chlef in Algerien ist.

Der Cheftrainer der Herrenmannschaft ist Samir Zaoui, ein ehemaliger Nationalspieler Algeriens, der auch bei der WM 2010 selber auf dem Platz stand. Über Kontakte in Chlef kam Yacine zur Möglichkeit, diese Hospitation durchzuführen und hat natürlich nicht lange gezögert, die Chance wahrzunehmen. Bei einem ersten Treffen mit Samir Zaoui wurde schnell klar, dass beide Seiten mit großem Interesse und Spaß an die Sache herangehen werden. Yacine selbst hat Familie in Algerien und somit einen Bezug zum Land und der Kultur. Trotzdem wurde schnell klar, dass es Unterschiede und Hindernisse geben würde: Das größte Problem war die Sprache, da Yacine nur auf sein Schulfranzösisch und wenig Arabisch zurückgreifen konnte. Gerade bei Fußball-Fachbegriffen wie „Flanke“, „abfangen“ oder Ähnlichem stößt man da schnell an seine Grenzen. Auch kulturelle Unterschiede bedurften einer Gewöhnung.

 

Der Besuch Yacines war in Chlef ein kleines Medienereignis: Über „den Deutschen mit algerischen Wurzeln, der hier bei uns das Training leitet“ wurde ein kleiner Bericht in einer Sportzeitung veröffentlicht und auch im algerischen Sportfernsehen Elheddaf war Yacine zu sehen.

Gleich am ersten Tag leitete Yacine das Training der gesamten Torhüter – von der U13 bis zu der Herrenmannschaft. Besonders beindruckend dabei war, dass alle Spieler total motiviert waren und „dem Deutschen“ unbedingt zeigen wollten, was sie alles draufhaben. Dazu muss man wissen, das Chlef und Relizane zu den heißesten Orten Algeriens gehören und die Übungseinheiten mittags und nachmittags durchgeführt werden. Trotz dieser widrigen Umstände war die Motivation groß und der Umgang untereinander durchweg herzlich.

Geschlafen  wurde mit den Spielern zusammen im Sporthotel an der Anlage, weswegen man auch nach den Trainingseinheiten ins Gespräch kommen konnte – zumindest soweit es die Sprache zuließ. So grüßte ein Spieler beim ersten Zusammentreffen mit einem fröhlichen „Moin“. Es stellte sich heraus, dass dieser Spieler früher in der zweiten Mannschaft des FC St. Pauli gespielt hat.

Zum Abschluss der Hospitation war Yacine noch bei einem Fußballspiel im Heimstadion. Chlef trat unter der Woche in einem Nachholspiel an und trotz der ungewohnten Zeit und Wochentag kamen ungefähr 15 000 Fans ins Stadion, um ihre Mannschaft zu unterstützen. Während und nach dem Spiel sorgten die Anhänger für eine gewaltige Stimmung, sodass der Mannschaft gar nichts anderes übrig blieb, als das Spiel mit 2:0 für sich zu entscheiden. Eine tolle Atmosphäre, welche sicherlich auch einen großen Anteil daran hat, dass Spieler und Trainer untereinander sehr familiär wirken und man mit offenen Armen aufgenommen wurde.

 

Yacine war von der Professionalität des Trainings positiv überrascht und konnte rückblickend sagen, dass diese Hospitation ein voller Erfolg für beide Seiten war. Da sich die angewandten Trainingsmethoden unterschieden, hatte jeder die Möglichkeit, einem Training der anderen Art zu folgen und damit auch etwas für das eigene Training mitzunehmen. Die größten Unterschiede zwischen der Torwartausbildung in Deutschland und in Chlef sah Yacine in der Jugendarbeit: Er beschreibt das Training von Jugendmannschaften als weniger akribisch. Gerade beim Torwarttraining wird bei uns viel früher in die Korrektur von Bewegungsabläufen gegangen, damit man sich nichts Falsches einprägt. Bei den Jugendmannschaften in Chlef gibt es dieses Coaching kaum, das wird eigentlich erst bei den Herrenmannschaften eingeführt.

Gerade bei diesem Coaching zeigte sich, dass das größte Problem für unseren Torwarttrainer die Sprache war. Als Trainer muss man Anweisungen geben und Dinge erklären können – funktioniert das nicht so gut, dann gibt es Probleme. Aber mit etwas Hilfe des Google-Translators und viel Redegeschick konnten solche Hindernisse größtenteils überwunden werden, da auch die Spieler selbst sehr viel Lust hatten; man wird ja nicht jeden Tag von einem ausländischen Trainer trainiert.

In diesem Zusammenhang äußerte sich auch Samir Zaoui mit folgenden Worten:

Sport kennt keine Sprache

Und gerade das ist es, was man hauptsächlich mitnehmen sollte: Der Fußballsport hat es einem Trainer unseres Vereins erlaubt, mit wenig Sprachkenntnissen 5 Tage lang für ihn bis dahin komplett unbekannte Menschen zu trainieren, mit ihnen in Kontakt zu kommen und einfach Spaß miteinander zu haben. Es ist immer wieder erstaunlich, was ein Spiel mit so einfachen Regeln bewirken kann und wie unglaublich universell dieser Sport ist. Man benötigt keine kulturellen, sozialen oder sprachlichen Gemeinsamkeiten, auf dem Platz sind alle Spieler nur Menschen, die Fußball spielen wollen.

Das macht den Fußball so besonders.

 

Geschrieben von Max