"Die ersten Spiele der Rückrunde sind entscheidend"
Trainer Carlo Gregarek im Gespräch
Carlo, gib uns doch bitte mal ein kurzes Fazit der Hinrunde?
Wir sind der beste Beleg für die Ausgeglichenheit der Liga. Sowohl die Punkte als auch die Tore sind bei uns egalisiert. Jeder kann jeden schlagen. Es waren schon viele überraschende Ergebnisse dabei. Die oft herangezogenen Überkreuzvergleiche sind dieses Jahr völlig unnütz. Heute gewinnt plötzlich der Tabellenletzte Union Halle deutlich beim Tabellenzweiten HC Leipzig II. In unserer Staffel Ost kann wirklich alles passieren. Zwei Erfolge und man steht oben, zwei knappe, unglückliche Niederlagen und man rauscht gefühlte acht Tabellenplätze nach unten.
Vier Teams mit der gleichen Punktzahl wie der Berliner TSC. Nur 3 Punkte Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz, zwei Punkte bis Platz 2. Wie wichtig sind da die direkten Duelle?
Die werden noch einen entscheidenden Fakt spielen. Nur deswegen stehen wir ja aktuell auf Platz 4. Wenn man überlegt, dass der Siebte dieselbe Punktzahl hat wie wir, ist es sehr wichtig, die direkten Duelle für sich zu entscheiden. Wir müssen in jedem Spiel bis zur letzten Minute konzentriert jeden Konter zu laufen, jeden Angriff auszuspielen und hinten konsequent sein.
Zurück zum Fazit. Wie zufrieden bist Du mit dem Team?
Die Zusammenstellung des Teams wurde vor der Saison von der Sportlichen Leitung weiter vorangetrieben. Wir konnten uns in der Breite des Kaders verstärken. Außerdem verinnerlicht die Mannschaft die Spielphilosophie, die ich mir vorstelle, immer mehr. Natürlich klappt noch nicht alles, aber insgesamt bin ich mit der Entwicklung meiner Mannschaft sehr zufrieden. Oft schlagen wir uns noch eher selbst. Immer noch nehmen wir uns in den Spielen zu lange Auszeiten, machen uns das Leben dann selber schwer und bringen uns um den Erfolg.
Du hast die Neuzugänge angesprochen. Wie siehst Du deren Leistung?
Ein wenig gemischt. Mit Paula Förster haben wir eine sichere Linksaußen dazugewonnen, die auch in der Abwehr als Vorgezogene ordentlich Bissigkeit mit reinbringt. Caroline Behnisch und Veronic Grätz sind noch sehr jung und müssen sich erst einmal an das Niveau im Frauenbereich in der 3. Liga gewöhnen. Aber diese Zeit bekommen sie natürlich von uns und können und sollen sich auch über Einsätze in der zweiten Mannschaft weiter Selbstvertrauen und Spielpraxis holen. Luise Becker holte sich im ersten Pflichtspiel (DHB-Pokal beim Thüringer HC 2) eine Knieverletzung, die sie leider zu einer mehrwöchigen Pause zwang. Sie wird jetzt in der Rückrunde voll angreifen und uns sicherlich sehr verstärken. Umso mehr war das Erasmus-Jahr von Ariane Finck ein echter Glücksfall für uns. Besonders ihr Trainingsfleiß und komplett anderes Torhüterverhalten als Juliane Meyer brachten frischen Wind rein. Sehr vermissen werde ich in der Rückrunde Mareen Milse als Option für die Position auf Rechtsaußen. Es war uns zwar von vornherein klar, dass sie uns nach der Hinserie wieder in Richtung Köln verlassen wird, aber es ist für einen Trainer immer besonders schwer, wenn eine Linkshand das Team verlässt. Menschlich haben sich alle Neuzugänge voll ins Team integriert. Dies ist sicherlich auch ein Schlüssel des Erfolgs. Das Team ist viel gefestigter als im letzten Jahr.
Also siehst Du die Hinserie als Erfolg?
Definitiv! Ich glaube, nach den letzten Jahren sollte auch ein wenig Demut eine wichtige Rolle beim Berliner TSC spielen. Jahrelang musste man sich zu Weihnachten wünschen, dass die Rückrunde besser wird. Doch nun stehen wir zum Rückrundenstart auf Platz 4 und können ein wenig beruhigt in die nächsten Spiele gehen. Aber viel mehr bin ich mit der spielerischen Weiterentwicklung zufrieden. Vermehrt kommen Fans oder befreundete Trainer auf mich zu und gratulieren mir zu der tollen Spielweise, die wir inzwischen an den Tag legen.
Klingt nach Zufriedenheit pur?
Wer mich kennt, weiß, dass ich nie zufrieden bin. Doch ich lasse mir auch nicht alles schlecht reden. Nach dem ersten Sieg gegen Osterode meinten alle, dass die so schwach waren. Aber der Sieg gegen Leipzig II zeigt, dass es nicht so ist. Auch ich musste mich im Laufe der Saison erst daran gewöhnen, nicht zu viel zu wollen und selbst auch mal zufrieden zu sein.
Dann schauen wir nach vorne. Wie geht es weiter?
Wie gesagt, wir werden uns ein wenig umstellen müssen. Neben Mareen Milse hat uns auch Magdalena Iwanow aus beruflichen Gründen verlassen. Daher werden wir in der Rückrunde vermehrt auf unsere sehr gute Jugend zurückgreifen. Sie werden erst einmal ins Training integriert und eventuell auch schon einige Einsatzzeiten in der Liga erhalten. Und diese Arbeit mit den Nachwuchstalenten macht nicht nur mir, sondern auch meinem Trainerteam und allen Spielerinnen großen Spaß. Da denken wir einfach an die persönliche Weiterentwicklung beim nicht leichten Sprung in den Frauenbereich und nicht an den kurzfristigen Erfolg.
Wichtig ist jetzt aber, so schnell wie möglich die notwendigen Punkte für den Klassenerhalt zu schaffen, gleichzeitig aber weiter an unserem Spielkonzept zu arbeiten. Je schneller wir fest für die 3.Liga im kommenden Jahr planen können, desto besser.
Aber auch der Wiederaufstieg der zweiten Mannschaft in die Oberliga ist für mich sehr wichtig. Der Abstand zwischen den beiden ersten Frauenteams muss wieder auf eine Liga verringert werden, damit beide Seiten noch mehr partizipieren und voneinander profitieren können.
Carlo, danke für das Gespräch und viel Erfolg in der Rückrunde.
Thomas Kraft
Fotos: Matthias Erdmann, Thomas Kraft