Der Tag des Abschieds ist da
Die 1.Frauen mit vorerst letztem Spiel in der 3.Liga
Nun ist er da. Der Tag, den niemand bei den 1. Frauen erleben wollte. Mitte Februar auf der Rückfahrt vom Auswärtssieg in Bayreuth, nebenbei der Höchste in der Geschichte der 3.Liga für den Berliner TSC, konnte noch niemand ahnen, dass es wenige Wochen später wirklich so weit kommen könnte. Der Berliner TSC zieht sich „aus finanziellen Gründen“ (Erklärung der Abteilungsleitung vom 15.04.17) aus dem überregionalen, leistungsorientierten Bereich des DHB in den Regionalverband zurück. Bei der Bekanntgabe der „Nichtverlängerung des Vertrages mit Trainer Carlo Gregarek“ in der Woche nach dem besagten Bayreuth-Sieg durch den Vizepräsidenten Bernd Weiße vor der Mannschaft hatte das noch anders geklungen. „Wir wollen neue Impulse für die Mannschaft setzen, werden deshalb einen neuen Trainer suchen. Mit weiteren zusätzlichen Sponsoren stehen wir in aussichtsreichen Verhandlungen kurz vor dem Abschluss. So wollen wir dauerhaft im oberen Drittel der 3.Liga mitspielen.“
Jetzt ist es doch vollkommen anders gekommen. Fast alle Spielerinnen werden die 1.Frauen des Berliner TSC verlassen, so dass es gegen das Juniorteam des HC Leipzig zu einem Abschiedsspiel kommen wird. „Da wird beim Mannschaftskader auch nicht mehr viel taktiert, alle stehen im Kader und alle laufen mit ein“, gibt Carlo Gregarek früh wie selten bekannt. Sportlich geht es um nichts mehr, beide Mannschaften haben ihren Tabellenplatz bereits sicher. Der Berliner TSC wird wieder den 7.Platz erreichen, das Juniorteam des HC Leipzig den Achten. So steht also einem tollen und fairen Handballspiel mit schönen Toren nichts mehr im Wege.
Der Eintritt zu diesem Spiel ist für alle Zuschauer frei. Teammanager Ernst-Heinrich Hoth sieht das als Dankeschön an die treuen Zuschauer und Fans in den letzten Jahren. Er selbst wird zu diesem Spiel nicht mehr in der Halle sein. Der beliebte und jahrelang hingebungsvoll gepflegte Verpflegungsstand muss also leider ausfallen. Da auch kurzfristig die Abteilungsleitung die Übernahme absagte, versucht nun die Mannschaft selbst innerhalb weniger Tage die Verpflegung für die Zuschauer zu organisieren. Bitte unterstützen sie das Team dabei und sehen über eventuelle Engpässe hinweg.
Ach, und nebenbei: Auf den Tag genau 23 Jahre zurück, am 30.04.94 titelte die Berliner Zeitung: „Letztes Bundesligaspiel der TSC-Handballerinnen – Abschied für immer ?“ und zwei Tage später am 02.05.94: „TSC-Handballdamen verabschiedeten sich mit Sieg.“ Im Bericht hieß es dann: „Es war nicht nur das letzte Bundesligaspiel der Saison, sondern auch der Abschied des traditionsreichen Gastgebervereins aus der deutschen Handballszene. Nationalspielerin Josefine Grosse warf in der 59. Minute das letzte Tor einer 30jährigen Ära. Ein Zweitliga-Team wird aus finanziellen Gründen für kommende Saison nicht gemeldet, die Spielerinnen zerstreuen sich in alle Winde. Die TSC-Mädchen gestalteten sich selbst eine Beerdigung ersten Ranges und lieferten eines der besten Saisonspiele. Mit Ausnahme der wie immer fehlenden Vereinsführung applaudierte auf den gut besuchten Rängen zahlreiche Prominenz, angeführt von Handball-Größen aus TSC-Spitzenzeiten um Kristina Richter. Zur Feier pfiff mit den Gremmel-Zwillingen Deutschlands höchstdotiertes Schiedsrichterpaar – aber nicht wegen eines weiteren Berliner Handball-Untergangs in schwarz.“
Bis heute kam der Berliner TSC nicht mehr in die 2.Liga zurück (außer einem einjährigen Intermezzo in einer Spielgemeinschaft mit Olympia 2000/01). Es war ein Abschied bisher also für immer. Aber mit einem Sieg. Und den wollen unsere 1.Frauen gegen den HC Leipzig auch am Sonntagnachmittag schaffen. Und dann gibt es hoffentlich keinen Abschied für immer.
Thomas Kraft